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Strategien

Strategien

Auch Hunde etablieren Strategien – wie wir Menschen es oftmals tun –, um an unserer Seite zurechtzukommen. So manche ihrer Strategien mag nicht adäquat erscheinen, stellt jedoch aus Sicht der Hunde die effizienteste Möglichkeit dar, den Anforderungen der Menschen zu genügen oder deren Anweisungen zu verweigern.

 

Ein Beispiel einer menschlichen Verhaltensweise soll veranschaulichen, was ich meine: Ich gehe einkaufen und werde von einer Verkäuferin unhöflich angesprochen. Ich habe nun zwei Möglichkeiten:

 

  • Ich mache meinem Ärger Luft, indem ich sie anschreie. Auf diese Art habe ich wohl meinen Standpunkt klargemacht, aber die Situation wird sich nicht in Wohlgefallen auflösen. Im Gegenteil: Sie wird womöglich eskalieren. Jede andere Begegnung wird an diesem Tag von dem negativen Erlebnis geprägt sein.
  • Ich lächle sie an und begegne ihr mit Freundlichkeit und Verständnis. Meistens öffnen sich die Menschen dann und zeigen ihre verletzliche Seite. Diese Reaktion gibt uns beiden die Chance, die angespannte Situation friedlich zu lösen und sogar einen Grundstein für neuerliche freundliche Begegnungen an dem Tag zu legen.

 

Stellen wir uns vor, unser Hund trifft auf einen anderen. Dieser andere Hund beginnt nun unseren Hund zu hetzen. Das Warum lassen wir an dieser Stelle unberücksichtigt. Unser Hund hat nun einige Möglichkeiten.

 

  • Er lässt sich hetzen oder dreht den Spieß um und hetzt nun den anderen Hund. Diese Hunde werden sich immer mehr aufregen, und so kann es gut sein, dass die Situation außer Kontrolle gerät.
  • Oder mein Hund läuft ein Stück mit, wird dann langsamer und beginnt zu schnüffeln und die Gegend zu erkunden. Er geht nicht auf das Verhalten des anderen Hundes ein, der darauf in jedem Fall reagieren wird. Sei es mit Schnüffeln, Pinkeln oder Ähnlichem.

 

Gehen wir noch einen Schritt weiter – nämlich zur Mensch-Hund-Interaktion. Ich betreue seit einiger Zeit einen Hund, der bisher nur von Familie zu Familie gewandert ist. In dieser Zeit hatte er wenig Gelegenheit, sich mit den üblichen alltäglichen Herausforderungen in Ruhe auseinanderzusetzen.

 

Wann immer er in Bedrängnis kommt, aufgeregt ist und nicht weiß, was er nun tun soll, beginnt er, Schuhe zu attackieren. Manchmal sind die Schuhe aber nicht ausreichend für ihn, um sich abzureagieren. Dann „hängt“ er am Arm eines Menschen und bohrt seine Zähne hinein. Es ist nicht so fest, dass es blutet, aber weh tut es schon, und es hinterlässt auch blaue Flecken.

 

Er hat nur diese eine Strategie auf Lager. Ein anderes Verhalten im Zusammenhang mit Aufregung und Menschen kennt er nicht.

In diesem Fall habe ich wiederum zwei Möglichkeiten:

 

  • Ich kann ihn maßregeln, auf den Rücken werfen, anschreien oder Ähnliches. Die Situation wird durch meine heftige Reaktion jedoch noch mehr verschlimmert und könnte bald eskalieren – vielleicht nicht gleich, aber bei einer anderen Gelegenheit.
  • Eine langfristige Verhaltensänderung kann ich nur erreichen, wenn ich ihm eine klare Struktur biete. Ich muss schon viel früher darauf achten, dass er nicht in solch eine Aufregung gerät. Das kann ich nur, wenn ich die Zeichen, die er setzt, eindeutig verstehe und richtig interpretiere. Damit kann ich ihn unterstützen und führen. Das bedeutet: ich bringe ihn vorerst gar nicht in Situationen, die ihn aufregen und überfordern, sondern führe ihn Schritt für Schritt an diese heran. So schaffe ich Bedingungen für ihn, die es ihm ermöglichen, in Ruhe seine Umgebung wahrzunehmen und alle neuen Eindrücke zu verarbeiten. Und so ist auch er dann in der Lage, mir seine freundliche Seite zu zeigen.

 

Auf diese Art wird der Grundstein für gegenseitiges Vertrauen gelegt. Mein Hund lernt mir zu vertrauen. Er weiß, dass ich, wenn es notwendig ist, ihn unterstütze und er nicht mit allem alleine zurechtkommen muss. Ich lerne meinen Hund besser kennen und weiß, wann er meine Hilfe braucht – und wann er alleine verschiedene Situationen meistert.

 

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